Handlungskompetenzen und Schlüsselqualifikationen
Die berufliche Handlungskompetenz
Um berufliche Aufgaben selbstständig und mit Erfolg zu bewältigen, ist den Auszubildenden die berufliche Handlungskompetenz zu vermitteln. Die Auszubildenden sollen damit nach ihrer Ausbildung in jeder beruflichen Tätigkeit (Aufgabe) handlungsfähig sein.
Die Erlangung der beruflichen Handlungsfähigkeit ist nach § 1 Abs. 3 S. 1 BBiG auch das Ziel der Berufsausbildung:
„Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln.“
Die berufliche Handlungskompetenz (= berufliche Handlungsfähigkeit) besteht aus der Verflechtung weiterer Kompetenzbereiche. Demnach setzt sich die berufliche Handlungskompetenz aus den nachfolgenden vier Fähigkeiten zusammen:
Fachkompetenz
Die Fähigkeit, berufliche Aufgaben durch die erlernten Fertigkeiten und Kenntnisse selbstständig und eigenverantwortlich zu bewältigen.
Beispiel: Fachkenntnisse, IT-Kenntnisse, Sprachkenntnisse
Sozialkompetenz
Die Fähigkeit, mit anderen Menschen (insbes. Kollegen, Kunden, Vorgesetzten) effektiv umzugehen und entsprechend selbstständig zu handeln (in Kommunikations- und Interaktionssituationen).
Beispiele: Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen
Methodenkompetenz
Die Fähigkeit, mit bestimmten Arbeitstechniken Aufgaben effizient zu gestalten und Probleme zu lösen.
Beispiele: Zeitmanagement, Projektmanagement, Prozessdenken, problemlösendes Denken
Persönlichkeitskompetenz
Die Fähigkeit, sein persönliches individuelles Engagement in berufliche Aufgaben einzubringen.
Beispiele: Lernbereitschaft, eigenes Interesse, Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative
Um die berufliche Handlungskompetenz bei den Auszubildenden zu verankern, eignet sich insbesondere das Modell der vollständigen Handlung. Dabei handelt es sich um eine sechsstufige Methode, die das selbstständige Handeln der Auszubildenden fördert. Bei dieser handlungsorientierten Ausbildung planen, entscheiden, erledigen und kontrollieren die Auszubildenden ihre Aufgaben selbst. Der Fokus des Modells liegt dabei auf der Reflexion der einzelnen Schritte. Geeignet zur Umsetzung ist unter anderem die Projekt- oder Leittextmethode (vgl. Abschnitt Methoden im Überblick).
Die Auszubildenden durchlaufen, nachdem sie eine Aufgabe erhalten haben, die sechs Stufen in einem Handlungskreislauf. Der Ausbilder hält sich dabei im Hintergrund, steht aber als Berater (Coach) unterstützend zur Seite.
Schlüsselqualifikationen
Wie oben beschrieben, sind zur Erreichung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Auszubildenden die vier genannten Kompetenzbereiche zu fördern. Die Schlüsselqualifikationen bezeichnen dabei alle fachübergreifenden Qualifikationen. Das bedeutet, dass die Fachkompetenz nicht dazugehört.
Die Schlüsselqualifikationen gliedern sich in:
- Sozialkompetenz
- Methodenkompetenz
- Persönlichkeitskompetenz
Diese sind notwendig, um lebenslanges Lernen zu ermöglichen, und sind Voraussetzung, sich fachliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen.
Lernziele
Lernziele beschreiben das gewünschte Endverhalten, welches Auszubildende am Ende der Einarbeitung erreicht haben sollen. Um diese Zielvorgabe setzen zu können, muss der Ausbilder genau wissen, was vermittelt und erreicht werden soll. Das ist besonders wichtig, denn nur durch eine exakte Formulierung kann eine Ausbildungssituation geplant, vollzogen und kontrolliert (z. B. Lückentext) werden.
Die Zielvorgaben im Ausbildungsrahmenplan sind bereits sachlich und zeitlich gegliedert und lassen sich nach ihrer Genauigkeit und Eindeutigkeit unterscheiden.
Art des Ziels | Wo ist das Ziel verankert? |
---|---|
Das Feinlernziel ergibt sich aus dem Groblernziel, das Groblernziel aus dem Richtziel und das Richtziel aus dem Hauptziel.
Hauptziel
Als Hauptziel der Ausbildung gilt es, die berufliche Handlungsfähigkeit (selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren) zu erlangen. Das Hauptziel ist in der Ausbildungsordnung verankert.
Richtziel
Das Richtziel ist so allgemein wie möglich gehalten und gibt eine grobe Richtung vor. Im Ausbildungsberufsbild (Ausbildungsordnung) und im Ausbildungsrahmenplan sind damit z. B. festgelegte Bereiche, wie etwa Warenannahme, gemeint.
Groblernziel
Das Groblernziel orientiert sich am Richtziel und wird aus diesem abgeleitet. Es wird als Konkretisierung des Richtlernziels verstanden, da die Kenntnisse und Fähigkeiten der unterschiedlichen Bereiche beschrieben werden.
Beispiel: Im Bereich der Warenannahme die angelieferten Pakete kontrollieren.
Feinlernziel
Das Feinlernziel wird aus dem Groblernziel abgeleitet und beschreibt das eindeutig formulierte und überprüfbare Endverhalten ganz konkret. Der Ausbilder hat somit die Aufgabe, die Groblernziele zu operationalisieren (konkret zu beschreiben).
Beispiel: Die Auszubildenden sollen Pakete mit einem Sicherheitsmesser selbstständig und fachgerecht unter Beachtung der UVV öffnen können.
Lernzieltaxonomie
Feinlernziele lassen sich innerhalb von Lernbereichen in eine hierarchische Ordnung (Taxonomie) bringen; somit hat der Ausbilder die Möglichkeit, die Schwierigkeit einer Aufgabe zu reflektieren und das Erreichen von Niveaustufen für Auszubildende zu kennzeichnen. Die didaktische Gestaltung von Lerneinheiten wird dadurch unterstützt.
SMART-Formel
In der Praxis werden die Lerninhalte meist am Arbeitsplatz ohne Rücksicht auf einzelne Feinlernziele vermittelt. Das ist allerdings nicht von Nachteil, wenn der Ausbilder die Lerninhalte in Form von komplexen realen Aufgaben bereitstellt. Die Aufbereitung von Lernaufträgen sollte nach dem Prinzip der S-M-A-R-T-Formel erfolgen.
- spezifisch
Das gewünschte konkrete Endverhalten soll beschrieben werden. - messbar
Es sollen Kriterien festgelegt werden, anhand deren die Zielrichtung gemessen werden kann. - attraktiv
Das Ziel sollte anspruchsvoll, aber machbar und angemessen sein. - realistisch
Das Ziel sollte weder über- noch unterfordern und mit gegebenen Ressourcen in der gewünschten Zeit realisierbar sein. - terminiert
Das Ziel sollte mit einer klaren Terminvorgabe, bis wann das Ziel erreicht sein muss, versehen werden.
Didaktische Prinzipien
Didaktische Prinzipien werden oft auch mit dem Synonym „pädagogische Grundsätze“ bezeichnet.
Der Ausbilder hat bei der Planung von Unterweisungen auf das individuelle Lernverhalten von Auszubildenden zu achten. Das bedeutet, er darf weder zu langsam noch zu schnell vorgehen, nicht über-
- Prinzip der Aktivität
Zum eigenverantwortlichen und selbstständigen Arbeiten befähigen (durch eigenes Tun, Lernen). - Prinzip der Anschaulichkeit
Den Vorgang mit allen Sinnen erfassen; das bedeutet, einen Lerngegenstand zu sehen, zu erfassen, zu besichtigen, zu begreifen und vorzuführen. - Prinzip der Erfolgssicherung
Die kontinuierliche Überprüfung des Lernerfolges, bspw. nach jeder Lerneinheit, sichert eine zielgerichtete Ausbildung. - Prinzip der Entwicklungsgemäßheit
Lerninhalte auf den Ausbildungsstand und das Alter der Auszubildenden abstimmen. - Prinzip der Praxisnähe
Das Interesse/Engagement der Auszubildenden wird durch das Lernen, durch die in der Praxis anfallenden Arbeiten gesteigert. - Prinzip der Verknüpfung
- vom Bekannten zum Unbekannten
- vom Einfachen zum Komplexen
- vom Leichten zum Schweren
- vom Nahen zum Entfernten
- vom Konkreten zum Abstrakten